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Frauen im Profi-Fußball: Warten auf den Wandel

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Aufwärtstrend im Frauen-Profi-Fußball: Was die sportlichen Leistungen, die Förderung durch Verbände, die Vermarktung der Spiele und die Begeisterung der Fans angeht, zeigt die Erfolgskurve nach oben. Doch noch immer nicht steil genug, finden die Profi-Fußballerinnen. Sie pochen auf Chancengleichheit und bessere Bezahlung, denn die männlichen Kollegen werden immer noch bevorzugt. Sieht die Zukunft des Frauenfußballs bald rosiger aus?

Frauenfußball – lange verachtet und vernachlässigt

Der noch in den 1950er-Jahren vom DFB verbotene, dann lange bewitzelte, verachtete und von Vereinen, Medien und Fans oft vernachlässigte Frauen-Fußball ist im Aufwärtstrend. Bis zum heutigen Stand war es jedoch ein langer, zäher Weg, der noch längst nicht sein Ziel erreicht hat. Denn immer noch dominieren Männer die DFL (Deutsche Fußball Liga) und den DFB (Deutscher Fußball-Bund). In der DFL-Taskforce „Zukunft Profifußball“ betrachtet man mit Sorge, dass sich die 36 Erst- und Zweitligisten der DFL auf die Forderung nach mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität viel zu langsam bewegen. Dabei sei das unbedingt notwendig, um zukunftsfähig zu werden.

Profi-Frauen und Profi-Männer: Riesige Kluft bei den Einnahmen

Es gibt gravierende Unterschiede bei den weiblichen und männlichen Fußball-Profis, was Lohn, Sponsoring und Prämien angeht. Profifußballerinnen der Ersten Bundesliga in Deutschland verdienen laut Statistik durchschnittlich 43.670 US-Dollar im Jahr (umgerechnet 44 615 Euro, also 3718 Euro monatlich) – weniger als ein deutsches Durchschnittseinkommen. Das Resultat ist aber nur so hoch, weil es einige wenige Spielerinnen gibt, die sehr viel verdienen. Im Vergleich: Die Männer der Ersten Bundesliga kommen im Jahr auf ein durchschnittliches Einkommen von 1,4 Millionen Euro, Drittligisten auf sehr viel weniger, Starspieler auf das Zehnfache. Die meisten Profi-Spielerinnen brauchen dagegen noch einen weiteren Job, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dabei ist der Trainings- und Zeitaufwand für ihren Lieblingssport derselbe wie bei den männlichen Kollegen. Viele Spielerinnen begannen als kleines Mädchen in einer Jungenmannschaft, weil es noch gar keine Mädchenteams in den Vereinen gab. Als diese im Lauf der 2000er-Jahre langsam etabliert wurden, durften die Mädchen erst trainieren, wenn die männlichen Kicker vom Platz waren. Sie mussten sich an schlechte Umkleiden und sanitäre Anlagen gewöhnen. In vielen Vereinen hatten die Frauen noch dazu gegen Vorurteile und den Sexismus der Trainer, Funktionäre und Kicker-Kollegen zu kämpfen. Was ihre Trikots oder Ausgaben für Auswärtsspiele betraf, wurden sie eher wie lästige Kostenfaktoren betrachtet. Sind solche Zeiten nun endgültig vorbei?

Erklärtes Ziel aller Fußball-Verbände: Frauenfußball nach vorn bringen

Hätte die deutsche Nationalmannschaft die EM 2022 gewonnen, hätte jede Spielerin eine Siegprämie von 60 000 Euro erhalten. Bei der EM davor betrug sie noch 37 000 Euro, ist also inzwischen bereits erhöht worden. Bei den Fußballern betrug 2021 die EM-Siegprämie pro Spieler 400 000 Euro, der Sieg blieb allerdings aus. Die durchschnittlichen jährlichen Einnahmen eines Spielers aus der Ersten Bundesliga liegt bei 1,4 Millionen Euro (Saison 2017/18). Drittligisten verdienen ein Drittel davon, Starspieler das Zehnfache. DFB-Direktor Oliver Bierhoff sagte während der Frauen-EM 2022 auf die Forderung von Bundeskanzler Olaf Scholz nach gleicher Bezahlung im Profi-Fußball, man werde sich die Zahlen noch einmal ganz genau ansehen. Dabei spielte er darauf an, dass die Umsätze bei Frauen-Profis durch weniger Webeeinnahmen und geringere Einschaltquoten bisher noch niedriger sind. Die Profi-Frauen können zumindest heute feststellen, dass die Verbände wie DFB, DFL, UEFA und FIFA das erklärte Ziel haben, den Frauenfußball nach vorn zu bringen. Dass sich die Praxis aber so langsam verändert, scheint an den hierarchischen, männlichen Strukturen zu liegen.

Initiative „Fußball kann mehr“ fordert Frauenquote

Im Winter 2021 machte die Frauen-Initiative „Fußball kann mehr“ von sich reden. Unter ihnen Nationaltorhüterin Almuth Schult – mit ihren Zwillingen einzige Mutter im deutschen Nationalteam – Ex-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb und die Journalistinnen Claudia Neumann und Gaby Papenburg. Auch sie fordern mehr Geschlechtergerechtigkeit im deutschen Fußball. Es müsse in den Verbänden eine Quote von 30 Prozent Frauen in Führungspositionen und allgemein bessere Karrierechancen für Frauen im Berufsfeld Profifußball geben. Die Initiative begrüßt, dass die Vereine inzwischen für das Thema zumindest sensibilisiert seien. Lina Magull, Nationalspielerin, die bei der EM mit drei Toren überzeugte und der beim VfL Wolfsburg 2012/13 das Triple aus Deutscher Meisterschaft, DFB-Pokalsieg und Champions-League gelang, mischte sich während der EM in die Diskussion um die Bezahlung von Profi-Fußballerinnen ein. Nach ihrer Meinung könne ein Mindestgehalt von 2000-3000 Euro ab der Zweiten Liga verhindern, dass Spielerinnen noch nebenbei arbeiten müssten.

Fußball-EM der Frauen: Volle Stadien und medialer Hype

Die Fußball-Europameisterschaft 2022 (EM) der Frauen verhalf dem Sport zu unerwarteter Popularität. Die deutsche Nationalmannschaft und ihre Trainerin Martina Voss-Tecklenburg, die ihre Spielerinnen bis ins EM-Finale von Wembley führte, hatten kaum mit einer solch grenzenlosen Begeisterung der Fans und dem riesigen medialen Interesse an der Fußball-EM gerechnet. Die Stadien waren gut gefüllt, und man entdeckte völlig neue Fans: friedliche Familien mit Spaß am Frauen-Fußball und ohne Lust auf Pyro-Orgien und Randale. Hooligans waren auf der EM gar nicht vertreten. Zum ersten Mal wurden alle Spiele des Turniers mit deutscher Beteiligung in der Prime Time von den öffentlich-rechtlichen Sendern übertragen. Durchschnittlich schauten 6,6 Millionen Menschen die drei Gruppenspiele der Nationalmannschaft. Mit fast 18 Millionen Zuschauern verzeichnete die ARD beim EM-Finale einen wahren Quotenhit. Ganze Familien versammelten sich gespannt vor den Bildschirmen, was den Bekanntheitsgrad der Spielerinnen enorm erhöhte.

Viele Deutsche werden Fans des deutschen Nationalteams

Waren dem Durchschnittszuschauer bisher vielleicht legendäre Spitzenfußballerinnen wie Marta aus Brasilien, Megan Rapinoe mit ihrem pinkfarbenen Haar aus den USA oder die mit 1,87 cm große, alle überragende Wendie Renard aus der französischen Nationalmannschaft ein Begriff, so schwärmten sie jetzt für die deutschen Fußballerinnen. Besonders für die kopfballstarke Alexandra Popp, die im Turnier mit ihren sechs Treffern zur Tor-Garantin avancierte. Doch auch andere Spielerinnen – um nur einige zu nennen – wie Torhüterin Merle Frohms, Abwehr-Talente wie Martina Hegering und Giulia Gwinn, Klara Bühl, Sara Däbritz, Svenja Huth, Linda Dallmann und die junge Jule Brand hinterließen bleibende Eindrücke. Leider musste sich die deutsche Nationalmannschaft am Ende gegen die Engländerinnen mit 1:2 nach Verlängerung geschlagen geben. Wegen einer Verletzung hatte Popp auf das Endspiel verzichten müssen. Das Stadion von Wembley verzeichnete am Finale-Abend mit fast 90 000 Besuchern einen legendären Zuschauerrekord.

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