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Sanna Marin Finnland - FinnishGovernment Marinin hallituksen nimitys 10.12.2019 - CC BY 2.0

Erfolgreiche Frauen in der Politik

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Nordeuropäische Politik aktuell in weiblicher Hand

Die Politik wird von Männern dominiert. Das ist auch heute noch so, auch wenn es immer mehr Frauen in politischen Führungspositionen gibt. Jüngster Lichtblick in Sachen Gleichberechtigung ist die Wahl der 34-jährigen Finnin Sanna Marin, die gerade als jüngste Regierungschefin weltweit vereidigt wurde. Die Regierungskoalition der Sozialdemokratin setzt sich aus fünf Parteien zusammen, die jede von einer Frau angeführt werden. Mit einer Ausnahme sind alle Parteichefinnen jünger als 35 Jahre alt. Mitte des kommenden Jahres wird Sanna Marin diesen Posten auch in ihrer eigenen Partei von ihrem als Regierungschef abgewählten Vorgänger übernehmen. Diese Entwicklung ist für Europa auch deshalb interessant, weil Finnland aktuell im EU-Parlament den Vorsitz des Rates innehat, der bei Problemen mit Mitgliedsstaaten vermittelt.

Sanna Marin Finnland - FinnishGovernment Marinin hallituksen nimitys 10.12.2019 - CC BY 2.0

Sanna Marin Finnland

Neben Sanna Marin in Finnland liegen in Nordeuropa mit Katrín Jakobsdóttir in Island, Erna Solberg in Norwegen und Mette Frederiksen in Dänemark die Regierungsgeschäfte auch in anderen nordeuropäischen Ländern in weiblicher Hand. Auch Estland, Finnlands Nachbar jenseits der Ostsee, wird derzeit von einer Frau, Kersti Kaljulaid, regiert. Dass mit Marin eine junge Frau für das Amt der Regierungschefin des Mitte-Links Bündnisses ausgewählt wurde, mag an vorhandenen Führungsqualitäten liegen, wird jedoch ebenfalls als demonstratives Zeichen gegenüber der zweitstärksten Kraft in Finnland, den Rechtspopulisten, gedeutet. Inhaltlich steht die Regierung sowohl für den Klimawandel als auch den Sozialstaat sowie Gleichberechtigung. Themen, in denen sich vor allem die jungen Wähler wiederfinden.

Gründe für eine höhere Frauenquote in der Politik

Katrin Jakobsdottir Island - NordForsk Katrín Jakobsdóttir - CC BY 2.0

Katrin Jakobsdottir Island

Ein Zufall ist es sicher nicht, wenn gerade im skandinavischen Raum, Frauen in der Politik erfolgreich sind. In den nordischen Ländern funktioniert das System des Wohlfahrtsstaats, in dem es durch Subventionierung der Kinderbetreuung und andere Sozialmaßnahmen Frauen ermöglicht wird, sich ebenso aktiv wie Männer im Berufsleben zu engagieren. Das bedeutet nicht, ihre politische Karriere entwickle sich als Selbstläufer. Frauen müssen sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten können, hart arbeiten, durchsetzungsfähig sein und Rückschläge verkraften können. Je besser Frauen ausgebildet sind und je mehr gesellschaftlichen Rückhalt sie erhalten, desto leichter fällt es ihnen.

Die Gleichstellung von Frauen hat in Finnland Tradition. Als erstes europäisches Land führte es 1906 das Wahlrecht für Frauen ein und bereits 1907 wurden Frauen selbst in das finnische Parlament gewählt.

Erna Solberg Norwegen - Kommunesektorens organisasjon Erna Solberg - Statsminister Erna Solberg på talerstolen. - Foto: Hege K. Fosser Pedersen - CC BY 2.0

Erna Solberg Norwegen

Wer in der Politik etwas erreichen will, kommt nicht darum herum, in eine Partei einzutreten. Auch heute noch sind Frauen in der Parteienlandschaft unterrepräsentiert. In Deutschland sind zusammengerechnet gerade einmal ein Viertel aller Mitglieder weiblich. Allerdings unterscheidet sich das stark nach den Parteien. Während 2018 die Grünen einen Frauenanteil von 40,5 Prozent hatten, repräsentierten sie bei der AfD gerade einmal 17,1 Prozent der Mitglieder. Generell lässt sich feststellen, je konservativer eine Partei ist, desto geringer ist der Anteil der weiblichen Parteimitglieder. Das allein ist allerdings noch kein Hinderungsgrund Karriere zu machen. Untersuchungen haben ergeben, Frauen fördern sich eher gegenseitig. Leitet eine Frau ein Ressort, dann steigt der Anteil von Frauen in höheren Positionen eher in ihrem Bereich gegenüber den von Männern geleiteten Ressorts. Ein gutes Beispiel hierfür ist die deutsche Bundesregierung, der seit 2005 Angela Merkel als Bundeskanzlerin vorsteht. Merkel hat Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Wahl zu CDU-Vorsitzenden ebenso unterstützt wie Ursula von der Leyen bei ihrer Bewerbung zur Kommissionspräsidentin der EU. Zu dritt bilden sie ein starkes Netzwerk.

Unterschiede im weiblichen Führungsstil

Je höher der Anteil der Frauen in der weltweiten Politik wird, umso mehr wird sich die Art und Weise des politischen Umgangs verändern. Ist ein Parlament zu ungefähr einem Drittel mit Frauen besetzt, beginnt der Einfluss auf den allgemeinen Politikstil. Das bedeutet, weniger männliche Hahnenkämpfe, dafür mehr zielgerichtete Diskussionen und verstärkte Kooperation untereinander. Analysen über Frauen in Führungspositionen in Politik und Wirtschaft belegen diese Tendenz. Frauen sind bekannt als geschickte Strategen und Netzwerker sowie gute Zuhörer. All das sind wesentliche Fähigkeiten für eine zielführende und zukunftorientierte Politik.

Mette Frederiksen Dänemark - Jakob Horn Mette Frederiksen Beskæftigelsesminister Mette Frederiksen drikker kaffe. - CC BY 2.0

Mette Frederiksen Dänemark

Anschaulich demonstrierte die junge neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern erfolgreiche weibliche Politik mit ihrem Verhalten nach den Terroranschlägen auf zwei Moscheen in Christchurch im März 2019. Sie ging nicht nur offen und empathisch auf die Hinterbliebenen zu, sondern verschärfte auch umgehend das bestehende Waffenrecht ihres Landes. Zum einen, um weitere mögliche Straftaten zu erschweren, aber vor allem um Neuseelands Weltoffenheit nach außen zu unterstreichen. Sie zeigte damit ihre Souveränität im Umgang mit der Gewalttat und erhielt weltweiten Zuspruch für ihr Handeln. Die Sozialdemokratin hatte ebenfalls kein Problem damit, ihre kürzlich geborene Tochter mit zu einer UN-Vollversammlung zu bringen. Das Interesse an dieser Geste war für sie Ansatzpunkt, die für sie wichtigen Themen Kinderarmut und berufstätige Mütter vermitteln zu können.

Berühmte Regierungschefinnen und Staatspräsidentinnen in der Vergangenheit

Jacinda Ardern - Ulysse Bellier - Jacinda Ardern at the University of Auckland - CC BY 2.0

Jacinda Ardern at the University of Auckland

Das erste frei gewählte weibliche Staatsoberhaupt der Welt war Sirimavo Bandaranaike in Sri Lanka, das zu Beginn ihrer Regentschaft noch Ceylon hieß. Nach der Ermordung ihres Ehemanns, des damaligen Premierministers, ging sie 1960 in die Politik. Obwohl ihre sozialistische Politik, die Banken und Unternehmen verstaatliche, auf erheblichen Widerstand traf, wurde Bandaranaike in großen Abständen zweimal wiedergewählt und blieb bis zu ihrem Tod im Jahr 2000 im Amt. Von 1994 bis 2005 hatte ihre Tochter Chandrika Kumaratunga das Amt der Staatspräsidentin inne.

Auch Indira Gandhi, Tochter des bedeutenden Jawaharlal Nehrus, des ersten Premierministers des unabhängigen Indien, amtierte zweimal (1966-1977 und 1980-1984, als sie einem Attentat zum Opfer fiel). Von 1988-1990 und 1993-1996 regierte Benazir Bhutto Pakistan, auch sie Tochter des Premierminister Zulfikar Ali Bhutto. Nach ihrer Rückkehr aus dem Exil 2007 wurde sie ermordet, um ihre Rückkehr in die Politik zu verhindern.
Weder Golda Meir (19969-1974) in Israel noch die britische „eiserne Lady“ Margaret Thatcher (1979-1990) entstammen Politiker-Dynastien, sondern mussten sich ihren politischen Aufstieg hart erkämpfen.

Ob in der Funktion einer Parlamentspräsidentin (wie Annemarie Renger und Rita Süßmuth), Staatspräsidentin (wie Isabel Perón und Corazón Aquino) oder Regierungschefin (wie Angela Merkel und Tansu Ciller) erarbeiten sich seit Jahrzehnten starke Frauen ihren Weg an die politische Spitze. Erstaunlicherweise gab es bisher noch keine US-Präsidentin, dafür aber einflussreiche Außenministerinnen (wie Madeleine Albright, die die erste Frau auf diesem Posten war, Condoleezza Rice oder Hillary Clinton), die das Ansehen ihres Landes in der Welt zu verbessern halfen.

Schlussbemerkung

Ist es reiner Zufall, dass auf dem Korruptionsindex 2019 innerhalb der obersten Plätze mit der geringsten Korruption Länder wie Dänemark, Neuseeland, Finnland, Norwegen und Deutschland zu finden sind? Allesamt Demokratien, die aktuell von Frauen regiert werden. Und das, obwohl 2017 nur ca. 8,6 Prozent der Gesamtbevölkerung von ca. 7,3 Milliarden Menschen eine Frau an der Spitze ihrer Regierung stehen hatte.

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